Keine besonders beeindruckende Kilometerzahl, vergleichen mit meiner Monster, die gerade 52'000km erreicht hat.
Allerdings habe ich bereits nach 3 Monaten die 10'000 erreicht, weil ich die MTS von Beginn weg für zwei Langstreckentouren eingespannt habe.
Zeit für eine kurze Zwischenbilanz und ein paar Empfehlungen für Multifans, die demnächst gezwungenermassen oder freiwillig ihre aktuelle Lady tauschen wollen/müssen/dürfen und nicht auf die V4 warten wollen oder einen Vierer eh nicht als Alternative in Erwägung ziehen.
Ich bin eigentlich - man möge es mir verzeihen - gar nicht der grosse Multifan. Panigale und Monster wecken bei mir mehr Emotionen, aber... im Langstreckeneinsatz bietet die Multi einfach einen erstaunlich gelungenen Mix aus Komfort auf der Reise, Agilität, wenn man sie braucht, einem durchaus faszinierenden und dynamischen Testastretta und einer Optik, die zwar niemals nie an eine Panigale 1299S heranreicht (:-) jaja, liegt im Auge des Betrachters und wer vergleicht schon ein Brotmesser mit einem Skalpell), aber für mich wie für den einen oder anderen Treiber der Inbegriff von gelungenem Crossover-Design darstellt. Und man könnte sie optisch ja auch noch tunen.
Ja, ich mag sie. Auf den 12'000 km ist - was echte Reparaturen anbelangt - tote Hose. Reklamiert habe ich bei 5'000 km die ungebührlich heftigen Vibes. Keine guten, nein, keine Ducati-Vibes, die ich an meinen anderen Ladies so mag. Von weichgespültem DVT war bei mir keine Rede. Ab 4'500 rpm krochen die Ameisen in alle Knochen. Der Mech meines Dealers sprang auf die Dicke und verschwand für volle 60 Minuten. Zurück: Jep, das Teil vibriert deutlich mehr als üblich. Sämtliche Motorhalterungen gelöst, Gabel entspannt und... tatsächlich war der lästigste Teil der Vibes deutlich zurückgebunden.
Mit knapp 10'000 km QD-Gesamtanlage montiert und nochmals weniger Vibrationen, was ich auf die elimierte, bzw. legal nicht mehr vorhandene Auspuffklappe und die direktere Abgasführung zurückführe.
Zu den Erfahrungen und EmpfehlungenFahrwerk und BereifungAm Fahrwerk habe ich lange herumgebastelt. Irgendwie musste ich mich auch zuerst an das im Vergleich zur Multi PP 2013 und natürlich zur Monster und noch mehr zur Pani sehr "bewegungsfreudige" Verhalten bei zügiger Fahrt gewöhnen. Zu Beginn machte ich den Fehler, diese Bewegungen durch zu straffe Zug- und Druckstufendämpfung unterbinden zu wollen. Man muss schlichtweg akzeptieren, dass sich ein Crossover-Bike mit 170mm Federweg vorne und hinten nie wie ein Naked mit 35 kg weniger Gewicht, mehr Vorderradorientierung und deutlich kürzeren Federwegen verhalten wird.
Die absolut entscheidende Einstellung für eine saubere Kurvenlinie war die Anhebung der Federvorspannung der Gabel von 0 auf 8 Umdrehungen. Hinten fahre ich im Solobetrieb wie folgt (Mein Gewicht: Komplett mit Helm, Lederkombi, Stiefel, Handschuhen 78 kg.):
Sportlich bei gutem Strassenbelag: FV 16, Hard, Hard
Touring auf Komfort ausgelegt: FV 14, mid, mid
Urban und Enduro spielen für mich eine untergeordnete Rolle.
Die Traumbereifung für sportliche Ausritte ist für mich der Bridgestone S22, den ich auch auf den anderen beiden Ladies liebe. Der Reifen ermöglicht bei mir den mit Abstand saubersten Strich. Als sehr ausgewogen mit genügend Reserven mag ich den Conti Road Attack 3. Der hintere hält zwar nur wenig mehr als der S22, wenn man ihn fordert, der vordere aber deutlich mehr (bei etwas weniger Grip). Die Originalbereifung hat mir nicht gepasst. Zu wenig Reserve, zu wenig Feedback. BTW: Ich habe in der kurzen Zeit vier Reifenpaare verschliessen, aber nicht immer auf den letzten Drücker gewechselt.
Kettenrad hintenDie Übersetzung der 1260er ist zu lang. Bereits zwei Zähne mehr hinten reichen aber. Ich habe ein Supersprox-Kettenrad mit 42 Zähnen montiert, bei anderen Bikes mehrfach erfolgreich erprobt.
Rotes Supersprox mit AluträgerQD-AnlageDie QD-Anlage klingt sehr gut (steht der Euro-3 Monster in nichts nach) und ist ein paar Kilogramm leichter als das Original. Ausserdem darf die Klappe offiziell entfernt werden, was zusammen mit der geänderten Abgasführung der kleinen Leistungsdelle zwischen 4'200 und 5'800 rpm zu Leibe rückt. Sicher könnte man mit einem individuellen Mapping noch einiges mehr an Laufkultur und ziemlich sicher auch mehr Drehmoment im unteren bis mittleren Drehzahlbereich generieren. Rexxer ist allerdings für mich kein Thema. Schade, dass es für die aktuelle ECU keinen Hack von TuneBoy gibt.
WindschutzOptisch sieht für mich alles ausser der Carbonscheibe der Pikes Peak und vielleicht noch der schwarz getönten Puig Racing Scheibe Kacke aus, aber... bei Langstreckentouren sind die Prios einfach anders. Mit Erfolg getestet habe ich die Puig Racing mit aufgesetztem kleinen Billig-Spoiler (Ebay, 30 Euro), die Originalscheibe mit aufgesetztem mittelgrossen Billig-Spoiler. Kaum Verwirbelungen, je nach Stellung. Äusserst flexibel. Nachteil: Die Schultern im Wind, der Rest des Oberkörpers aber nicht - das führt bei mir zusammen mit dem für mich zu breiten Lenker zu Verspannungen, die je nach Strecke unerträglich werden.
Spoilerscheibe klein auf Puig-RacingDie Lösung ist so effektiv wie hässlich: Die grosse GIVI-Tourenscheibe (transparent). Die Panigale schaut jeweils mit tiefer Verachtung weg, wenn sie die Multi mit diesem Garagentor auf dem Rüssel sieht. Aber das Teil schützt auch bei Regen hervorragend, man schaut in der untersten Stellung mit knapp 1.80 noch drüber. Zudem sind Temperaturen von 4° Celsius völlig problemlos.
Abgeschreckt von den zahlreich gesehenen abgewetzten Kupplungsdeckeln durch den ungeschickt platzierten HR-Bremshebel habe ich von Beginn weg eine Lösung gesucht und in der Abdeckung von Evotech S.R.L Italy gefunden. Funzt und gefällt mir.
GepäcklösungenIm Einsatz hatte ich zuerst ein billiges, hässliches GIVI-Topcase und eine Kriegatasche (30L). Ich mag ja weder Topcases noch Koffer, eigentlich gar kein Gepäck auf dem Bike...
Damit war das Bike viel zu hecklastig und der Schwerpunkt ungünstig fürs Kurvenräubern.
Da ein abschliessbares Fach auf dem Bike auf Langstrecken halt doch cool ist, habe ich mir das kleine GIVI Trekker Dolomiti Alu-Topcase in Kofferform von GIVI geholt (gebraucht, Ebay KA, 30 Liter Volumen). Dazu die ziemlich geniale 60-Liter-DryBag 600 von SW-Motech.
Obwohl das Bike so vollbeladen etwas besser lag, habe ich schliesslich doch noch die Originalkoffer gekauft. Tatsächlich lässt sich die Multi bei wenig Gewicht im Topcase und ausgeglichener Verteilung auf die Koffer, Schweres möglichst weit unten, fast treiben wie ohne Gepäck.
Was ich nicht so mag...
- Der Lenker ist mir zu breit und zu hoch, aber Platz für eine deutliche andere Lösung ist nicht.
- Es ist etwas zu viel Bewegung im Fahrwerk und die Geometrie für mich nicht völlig stimmig. Jammern auf hohem Niveau.
- Der Quickshifter unterbricht viiiiel zu lange. Mein komplett konfigurierbarer IRC-Nachrüst-Blipper/Shifter an der Monster schaltet erheblich zügiger und mit viel weniger Lastunterbrechung. Der Blipper funktioniert hingegen sehr sauber.
- Die optisch schönen Windscreens erzeugen zusammen mit der zerklüfteten Front neben Verwirbelungen auch eine hohe Geräuschkulisse. BTW: Sogar ohne irgendeinen montierten Screen ist die Multi von den Windgeräuschen her viel lauter als etwa die Monster.
Kleinigkeiten, die das Fahrvergnügen - vor allem mit dem einen oder anderen Workaround - nicht wirklich stören.
Fazit:
Eigentlich wollte ich die Dicke nach einem Jahr wieder abstossen und die nächste Langstrecke mit einem Naked absolvieren. Ich behalte sie nun aber doch (bis zur V4 sicher :-)). Ausgereift, genügend sportlich, optisch für mich ohne Alternative in diesem Segment, wenn auch keine Ballerina. Freue mich schon auf zwei Wochen Norwegen im Sommer.